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Die Histamin-Unverträglichkeit (Histaminose), auch Histamin-Intoleranz genannt und in Fachkreisen als HIT bekannt, ist eine Nahrungsmittelunverträglichkeit, die bei meinen Klienten mit Reizdarmsyndrom oder depressiven Verstimmungen sehr häufig vorkommt. Etwa 1-3 % der europäischen Bevölkerung sind offiziell betroffen, die inoffizielle Zahl dürfte viel höher sein, da die Diagnose nach wie vor für die klasssiche Schulmedizin nicht sehr einfach ist und die Symptome oft beispielsweise einer Allergie, einer Lebensmittelvergiftung oder einer Erkältung gleichen. Meist sind es Frauen, die unter diesen Beschwerden zu leiden haben. Fest steht, dass mehrere körperliche Ursachen und Umweltfaktoren dazu beitragen.
Wie kommt es dazu?
Der körpereigene Botenstoff Histamin kann beim Betroffenen nicht mehr auf dem Sollwert gehalten werden, wenn er übermässig aus Speicherzellen frei gesetzt wird, wenn zusätzliches Histamin von aussen zugeführt wird (Ernährung, Darmflora) oder wenn der enzymatische Abbau behindert ist. In der Folge kommt es zur Fehlregulation zahlreicher Körperfunktionen.
Eine HIT kann auch durch ein leaky gut und durch eine instabile Halswirbelsäule (HWS) entstehen. Ein leaky gut ist ein durchlässiger Darm, bei dem die Maschen im Filter zu groß sind. So nimmt der Darm Bestandteile aus der Nahrung auf, die ihm schaden. Es kann zu Darmentzündungen/Darmreizungen und „Vergiftungen“ führen, die eine HIT auslösen.
Was ist Histamin?
Es gibt 2 Sorten von Histamin - körpereigenes Histamin und von aussen zugeführtes Histamin:
Körpereigenes Histamin
Histamin ist ein körpereigener Stoff (Botenstoff), der zahlreiche Funktionen steuert. Histamin versetzt als Signalüberträger den Körper bei Infektionen und allergischen Reaktionen in Alarmbereitschaft, ist Entzündungsmediator, Gewebehormon und Neurotransmitter, beeinflusst den Schlaf-Wach-Zustand, die Darmbewegungen und viele andere Vorgänge. Histamin wird vom Körper selbst hergestellt und in Mastzellen und anderen spezialisierten Zelltypen gespeichert, um im Bedarfsfall schlagartig freigesetzt zu werden. Vor allem bei allergischen Reaktionen (Überreaktion des Immunsystems) wird Histamin in grossen Mengen ausgeschüttet, was zur Auslösung von Allergiesymptomen führt.
Von aussen zugeführtes Histamin (Ernährung, Darmflora)
Histamin ist ein Gärungs-, Reifungs- oder Verderbnisprodukt, das in den meisten Nahrungsmitteln in stark unterschiedlicher Konzentration enthalten ist. Besonders die leicht verderbliche Produkte sind im frischen Zustand nahezu histaminfrei, können sich aber mit zunehmender Lagerdauer zu wahren "Histaminbomben" entwickeln. Besonders viel Histamin ist tendenziell enthalten in verdorbenem Fisch und Fischkonserven (Thunfisch), Wurstwaren und Trockenfleisch, lang gereiften Käsesorten (Parmesan), Wein, Sekt, Bier und Essig, sowie anderen Gärungsprodukten.
Einige Nahrungsmittel enthalten nicht direkt Histamin, sondern bestimmte Stoffe (Histaminliberatoren), die körpereigenes Histamin unspezifisch aus den Speicherzellen freisetzen und so ebenfalls zur Histaminbelastung beitragen können. Andere Nahrungsmittel haben die Eigenschaft, die Histamin abbauende Enzyme zu hemmen oder die Aufnahme von Histamin über den Darm zu begünstigen.
Auch die Darmflora produziert Histamin, besonders dann, wenn es zu einer Fehlbesiedlung des Darms (Dysbiose) mit schädlichen Mikroorganismen kommt.
Was ist eine Histaminose?
Als Histaminose bezeichnen wir den Zustand eines Körpers, dessen Histaminstatus sehr weit vom Idealzustand entfernt ist und dadurch das Wohlbefinden oder körperliche und geistige Funktionen beeinträchtigen.
Übersteigt nun - aus welchen Gründen auch immer - die Summe aller Histaminquellen die Fähigkeit des Körpers, Histamin abzubauen, dann steigt der Histaminspiegel zu stark an. Die Zahl möglicher Störfaktoren im Histaminstoffwechsel ist sehr gross. Die körperlichen Ursachen mit der grössten klinischen Relevanz sind nach heutigem Kenntnisstand:
- Mastzellenerkrankungen: Bestimmte Genmutationen in Mastzellen führen zur Daueraktivierung dieser Zellen. In der Folge werden die Mastzellen langlebiger, vermehren sich übermässig, wandern durch die Gewebe und können sich in einzelnen Organen und Geweben ansammeln.
- Histamin-Abbaustörungen: Die Enzymaktivität der Histamin abbauenden Enzyme kann vermindert sein. Solche Funktionsminderungen können erworben oder angeboren, vorübergehend oder dauerhaft sein. Die Aktivität dieser Abbauwege kann z.B. durch Hemmstoffe, durch Gendefekte oder durch hormonelle Veränderungen im Körper vermindert werden. Das Enzym Diaminoxidase (DAO) wird besonders in der Darmschleimhaut gebildet, um den Körper vor Histamin aus dem Verdauungstrakt zu schützen.
Zu den körperlichen Ursachen kommen zahlreiche Umwelteinflüsse hinzu, die sich ungünstig auf den Histaminstoffwechsel auswirken. Grossen Einfluss haben die Ernährungsgewohnheiten, die Einnahme unverträglicher Medikamente sowie Stress und Umweltgifte.
Die Histamin-Unverträglichkeit ist folglich keine Allergie, sondern eine Vergiftung durch einen Botenstoff, den der Körper nicht auf dem Sollwert halten kann.
Dieser Zustand ist keine reine Nahrungsmittel-Unverträglichkeit, sondern wird auch durch andere Faktoren beeinflusst. Neben körperlichen Ursachen hängt es auch vom Verhalten und von der Umwelt ab, ob und wie stark man betroffen ist. Von Abbaustörungen sind Frauen häufiger betroffen als Männer, Mastzellerkrankungen sind gleichmässig auf alle Geschlechter verteilt.
Symptome
Die Symptome der Histamin-Intoleranz gleichen einer Allergie, einer Lebensmittelvergiftung oder einer Erkältung. Sie treten insbesondere im Zusammenhang mit der Nahrungsaufnahme auf, können aber auch chronisch andauern oder in ihrer Intensität schwanken, ohne dass dem Betroffenen ein Zusammenhang mit der Ernährung bewusst wird. So können sie am Montag einen Thunfischsalat zu Nudeln mit Tomatensoße und Parmesan gegessen haben und erst nach 4 Tagen von heftigen Kopfschmerzen, Durchfall/breiiger Stuhl oder Schlafstörungen geplagt werden.
Welche Symptome auftreten, ist individuell verschieden. Als typische Leitsymptome können auftreten:
- Erkältungssymptome, wie anschwellende Nasenschleimhaut, laufende Nase, Niesen, Auswurf, Hustenreiz, Atembeschwerden
- Verdauungsprobleme: Durchfall, Bauchschmerzen, Blähungen, Sodbrennen
- Juckreiz, Hautausschlag, Hautrötungen (Flush im Gesicht)
- Hitzewallungen, Schweissausbrüche, gestörtes Temperaturempfinden
- Herzrasen, Herzstolpern, Herzklopfen, Blutdruckabfall
- Kopfschmerzen, Migräne, Schwindel
- Schlafstörungen, Müdigkeit
- Übelkeit, Erbrechen
- Menstruationsbeschwerden
- Ödeme (Schwellungen, Wasseransammlungen)
Anders als bei einer Allergie, wo bereits kleinste Spuren des Auslösers genügen, um eine heftige Reaktion hervorzurufen, ist hier die Intensität der Symptome von der Dosis abhängig.
Diagnose
Für die Schulmedizin sind die Symptome zu unspezifisch und bieten daher keinen Anhaltspunkt, um eine Histaminose zu diagnostizieren oder auszuschliessen. Nur in wenigen Fällen wird bei kundigen Ärzten das Darmprofils überprüft und das Enzym Diaminoxodase (DAO) gemessen.
In meiner Darmsprechstunde betrachte ich den Menschen ganzheitlich und frage den Ernährungsstatus, die Häufigkeit der Beschwerden, sein Arbeitspensum, seine familiäre Situation ab und setze es in Kontext zu seinem seelischen Wohlbefinden- was mich schnell zur richtigen Diagnose und zu einer erfolgreichen Therapie führt (meine eigene Leidensgeschichte, die vor über 30 Jahren begann, ist die beste Basis für meinen "Helikopterblick").
Unverträgliche Lebensmittel
Folgende Lebensmittel sind von Natur aus histaminreich oder aufgrund ihrer Gärung, Reifung oder langen Lagerung. Einige Früchte und Alkohol/Kakao hemmen das histaminabbauende Enzym:
- Verdorbener Fisch und Fischkonserven (Thunfisch), Wurstwaren (Salami, Bratwurst, Aufschnitt, Fleischsalat) und Trockenfleisch (Rohschinken), lang gereifte Käsesorten (Hartkäse, Parmesan, Schmelzkäse), Wein (Rot/Weißwein), Sekt, Bier und Essig (Balsamico)
- Innereien (Leber), Schalen- und Krustentiere
- dunkle Schokolade, Kakao, Carob, Matetee
- Hefeextrakte, Sojasauce
- Fertiggerichte
- scharfe Gewürze, wie Chili, schwarzer Pfeffer
- Zu meiden sind auch Sauerkraut, Spinat, Tomaten, Aubergine, Avocado, Hülsenfrüchte (Linsen, Bohnen, Soja), Erdbeeren, Himbeeren, Zitrusfrüchte, reife Banane, Ananas, Kiwi, Birnen, Papaya, Nüsse (Wal-/Erd-/Cashewnüsse), aber auch bestimmte Lebensmittelzusatzstoffe
Da Histamin hitze- und kältestabil ist, kann es weder durch gründliches Durchgaren, noch mit anderen Methoden aus den Speisen entfernt werden. Betroffene sollten ihre Mahlzeiten grundsätzlich aus frischen, möglichst unverarbeiteten Rohstoffen selbst zubereiten und rasch verbrauchen oder sofort einfrieren.
Reis und Kartoffeln gelten als histaminfreie Lebensmittel.
Unverträgliche Medikamente und Probiotika
Viele gebräuchliche Medikamentenwirkstoffe und Hilfsstoffe erweisen sich als unverträglich, gegebenenfalls müssen unverträgliche Medikamente nach Rücksprache mit dem Arzt, wenn möglich abgesetzt werden. Häufig sind histaminbildende Bakterien in den geläufigen Probiotikas enthalten, die zusätzliches Histamin produzieren und damit das überlastete Histamingleichgewicht erheblich stören können- sprechen Sie mich an !
Es gibt eine aktuelle Liste an Arzneistoffen, die Histamin bilden oder deren Abbau behindern - diese kann ich gerne an Sie weiterreichen. Lassen Sie sich von mir als Fachfrau und Apothekerin beraten !
Lebensweise und Umweltverschmutzung
Je nach Ursache und Schweregrad muss man auch diverse andere ungünstige Einflüsse meiden: Stress, Tabakrauch, Luftverschmutzung, grosse körperliche Anstrengung, Duftstoffe (Parfum, Bodylotion) und andere Chemikalien, grosse Hitze (Sauna) und Kälte.
Therapie
Empfehlenswert ist ein Vermeiden von stark histaminhaltigen Lebensmitteln (mehrwöchigen Auslassdiät, bei der auf alle Nahrungsmittel mit Histamingehalt konsequent verzichtet wird) und das Verzehren von aufgewärmten Speisen, eine Darmsanierung, eine Schwermetallausleitung unter Einbeziehung der Aktivierung/ Stärkung der Ausscheidungsorgane, wie Leber, Niere, Haut und Lunge. Für Allergiker ist die Allergenvermeidung wichtig.
Es gibt zahlreiche natürliche Nahrungsergänzungsmittel, wie Antioxidantien, Adaptogenen, Mineralien und Vitamin-Komplexen, die den enzymatischen Stoffwechsel, die Darmregeneration und das Nervensystem unterstützen, um einen ausgewogenen Energiezustand zu erreichen. Yoga und Meditation, sowie eine Stressreduktion im Berufs/Alltagsleben wirken sich sehr günstig auf das Wohlbefinden aus.
Ayurvedische Körper-Anwendungen sind wichtig, um die Ausscheidungsorgane zu entlasten - nur wenn die Kanäle frei sind, können Kräuter und Mineralien ihre Wirkung entfalten!!
Mein Fazit
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Oft kann eine gründliche Darmsanierung eine HIT beseitigen. Bei einer instabilen HWS werden durch zu viele Reize zu viel Histamin vom Körper selbst produziert. Versucht man die Muskulatur der HWS zu kräftigen, so dass weniger Reize ausgelöst werden, wird auch weniger Histamin ausgeschüttet.
Hauptpfeiler der Therapie ist das dauerhafte Meiden unverträglicher Lebensmittel und unverträglicher Medikamente. Bei Bedarf kann die Therapie medikamentös unterstützt werden (Daosin). Die unverträglichen Lebensmittel verteilen sich über alle Nahrungsmittelkategorien und oft entscheidet die Frische über die Verträglichkeit.
Da auch Stress, Anstrengung und diverse Chemikalien die Symptome verstärken können, ist ein umfassender und kompetenter Blick eines/r Therapeut*in erforderlich. Eine individuelle und ganzheitliche Therapie unter Einbeziehung der Alltagssituation, der körperlichen Verfassung und der Umsetzbarkeit an Maßnahmen bietet den besten Erfolg, die vielen Beschwerden einer Histaminunverträglichkeit und Histaminose auf ein Minimum zu reduzieren mit dem Ziel, sich an allen Lebensmittel genußvoll laben zu können.
Sie haben den Vorsatz jetzt ihre Ernährung umzustellen und wissen nicht was Ihnen gut tut und was Sie lieber lassen sollen? Sie wünschen sich mehr Kraft, ein leichteres Wohlfühlgewicht und einen erholsamen Schlaf? Sprechen Sie mich an - ich begleite Sie gerne auf ihrem Heilweg.